Über 20 Jahre Helfereitheater Zürich

In den 1990er Jahren traf sich ein Kreis literarisch interessierter Altstadtbewohner in der Wohnung des Grossmünsterpfarrers Hans Stickelberger, um mit verteilten Rollen Theaterstücke zu lesen. Daraus entwickelte sich die Idee einer Theateraufführung in der Kapelle der Helferei. Die Theaterarbeit fasste Hans Stickelberger als Gemeindebildung im doppelten Sinn des Wortes «Bildung» auf. Mitglieder der Gemeinde – und dazu gehörte für ihn über die Grenzen des Grossmünsters hinaus die ganze Stadt – gestalten etwas miteinander.

Am Anfang der Aktivitäten der Laientheatergruppe stand die 2001 realisierte Inszenierung von Ödön von Horvaths Stück «Geschichten aus dem Wienerwald». Die Regie übernahm Marc Hecky, der zu diesem Zeitpunkt sein einjähriges Vikariat am Grossmünster absolvierte, und Hans Stickelberger selbst übernahm am Flügel die musikalische Begleitung. Die Begeisterung für das Amateurtheater hielt auch nach den beiden Aufführungen der «Geschichten aus dem Wienerwald» an. Zu den bisherigen Ausführenden fanden sich weitere Mitspielerinnen und Mitspieler, die sich bereits zwei Jahre später an die Produktion des Klassikers «Nathan der Weise» von Lessing wagten, diesmal unter der Regie von Christian Sonderegger, eines Theatermannes, der mit professioneller Erfahrung an die Sache heranging. So wurde aus der zunächst ad hoc gebildeten Theatergruppe am Grossmünster das Bühnenensemble unter dem Namen «Helfereitheater», dessen Kern von Stammschauspielern einen Verein gründete mit dem Ziel, sich in Theaterkursen weiterzubilden, um anspruchsvolle Aufführungen realisieren zu können.

Im Zwei-Jahres-Rhythmus folgten unter Annegret Trachsel «Die Nashörner» von Ionescu (2006) und unter Jeannot Hunziker die Produktionen Dürrenmatts «Besuch der alten Dame» (2008), eine Bearbeitung des «Einsiedler Welttheaters» nach Calderón (2010) und Brechts «Der kaukasische Kreidekreis» (2012). Die weiteren Stücke, Kreationen der drei «Hausautoren» Andres Boller, Friedo Dürr und Hans Strub, griffen u.a. Themen rund um Hans Caspar Lavater und, im Rahmen des Reformationsjubiläums, um Huldrych Zwingli auf: So die Stücke „Helm ab“ (2014), Sophia – oder die Weisheit küssen“ (2015), „Gift“ (2017), Zwölf Szenen zur Zürcher Reformationsgeschichte“ (2019) und „Hölloch“ (2021) unter der Regie von Hans Strub.